15. Dez 2018

Eine Volkskrankheit im Fokus – Zugang zur Psychotherapie soll erschwert werden

15. Dez 2018

In Deutschland sind jedes Jahr etwa 27,8% der erwachsenen Bevölkerung von einer psychi-schen Erkrankung betroffen. Die Krankheitsbilder beschäftigen daher nicht nur Psychiater und Psychotherapeuten, sie beschäftigen zunehmend auch Politiker und – aufgrund der ho-hen Krankheitskosten – auch Betriebswissenschaftler.

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Denn: Psychische Erkrankungen verursachen rund 44,4 Milliarden Euro direkte Krankheitskosten pro Jahr. Und auch für Unternehmen ist die Entwicklung alarmierend: Psychische Erkrankungen sind nach Muskel- und Skeletterkrankungen die zweithäufigste Ursache für Fehltage. Zu den häufigsten Erkrankungen zählen Angststörungen (15,4%), gefolgt von depressiven Störungen mit 9,8% und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentenkonsum (5,7%).

 

Um eine Frage direkt zu beantworten: Nicht die Anzahl der psychischen Erkrankungen ist gestiegen, sie sind nur häufiger der Grund für Krankschreibungen. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass die Erkennensrate auch bei Hausärzten gestiegen ist (psychische Erkrankungen werden häufiger als solche erkannt). Es liegt aber auch an der steigenden Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen.

Es ist hierbei wichtig zu unterscheiden, dass es behandlungsbedürftige (chronische) psychische Erkrankungen einerseits und akute Lebenskrisen andererseits gibt. Die Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz bei einer psychischen Erkrankung beträgt mehr als 20 Wochen. Die Psychotherapiereform im April 2017 sollte diesen Zustand verbessern. Menschen in psychischen Krisen oder mit akuten Erkrankungen sollen schneller einen Psychotherapeuten sprechen. Etwas mehr als ein Jahr später wird allerdings deutlich: Die Lage spitzt sich für Therapiebedürftige sogar zu. Sie warten nicht nur weiterhin auf einen Behandlungsplatz, die Kassen blockieren ihnen nun auch vehement alternative Wege.

 

Jetzt steht eine weitere Verschlechterung der psychotherapeutischen Versorgung vor der Verabschiedung: Das im Kabinettsentwurf des Termin- und Servicegesetzes (TSVG) vorgesehene Modell der „gestuften und gesteuerten Versorgung“ in der Psychotherapie sieht vor, dass besonders qualifizierte Ärzte und psychologische Psychotherapeuten – und nicht etwa der spätere Behandler –  in Voruntersuchungen festlegen, zu welchem Hilfe- oder Therapieangebot die Betroffenen gehen dürfen. Dies würde eine erhebliche Verschlechterung und Belastung für die betroffenen Patienten bedeuten. Eine Petition der Psychotherapeuten ist aktuell im Umlauf und versucht, das Vorhaben zugunsten der Menschen mit psychischen Erkrankungen und deren zügiger Versorgung zu stoppen.

 

Eine solche Versorgungsverschlechterung könnte auch Unternehmen weitere Probleme bereiten, denn: wenn akut keine Hilfe zur Verfügung steht, dann kann aus einer Krise oder einer Befindlichkeitsstörung eine chronifizierte Problematik werden – und das ist für den Arbeitgeber ein großes Problem. Die Ausfallzeiten bei psychischen Erkrankungen liegen im Schnitt bei 34 Arbeitstagen. Damit sind psychische Erkrankungen eine der Hauptursachen für Langzeitarbeitsunfähigkeit und Krankengeldzahlungen, die die Krankenkassen nach der betrieblichen Lohnfortzahlung übernehmen müssen (Bundespsychotherapeutenkammer, 2018).

 

Was können Unternehmen präventiv tun?

 

Für akute Lebenskrisen hingegen braucht es in den meisten Fällen keine Richtlinienpsychotherapie. Ein Lebenslagencoaching oder eine Krisenintervention ist häufig ausreichend.

Durch ein wertschätzendes und vertrauensvolles Betriebsklima kann zum einen der Nährboden dafür geschaffen werden, dass Menschen sich am Arbeitsplatz wohlfühlen und gerne ihren Beitrag zum Unternehmenswert leisten. Das ist nachweislich eine wichtige Ressource im Schutz vor stressbedingten Erkrankungen. Zum anderen können Unternehmen in ihre Führungskräfte investieren und diese zu gesundheitsbewussten Vorbildern entwickeln. Der Einfluss der Führung auf die Gesundheit der Mitarbeiter ist enorm und muss in der Führungskräfteentwicklung eine bedeutsame Rolle spielen. Dies zum Thema Prävention. Was aber können Unternehmen anbieten, wenn Mitarbeiter akute Krisen haben und Unterstützung benötigen? Was tun, wenn ein Mitarbeiter droht, aufgrund von privaten und/oder beruflichen Faktoren kurzfristig auszufallen? In solchen Fällen ist ein umfassendes Mitarbeiterberatungsprogramm (Employee Assistance Program EAP) eine wirksame Hilfe. Ausgewiesene Experten (Psychologen, Sozialarbeiter, Ärzte) kümmern sich bei allen beruflichen und privaten Problemstellungen um die Anliegen der Mitarbeiter und sorgen unbürokratisch für eine schnelle Überleitung in die passende Beratung. So kann ein Beitrag dafür geleistet werden, dass eine akute Krise nicht aufgrund fehlender sozialer Unterstützung zu einer psychischen Erkrankung wird. Manchmal reicht es eben aus, sich mit einer neutralen Person zu sortieren und eine andere Perspektive auf die Situation zu erhalten. Die Mitarbeiter bekommen den „Kopf wieder frei“ und gewinnen Lebensqualität – und Unternehmen profitieren von gesunden und zufriedenen Mitarbeitern.

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